Der ‚Erste Deutsch-Russische Weihnachtsmarkt‘ in Wolgograd

Weihnachtsmarkt in Wolgograd

Weihnachten in Russland 2010

Das Thermometer zeigt fast zweistellige Plusgrade an diesem 26. November, leichter Regen ist am frühen Morgen niedergegangen, so dass der Weg über den Prospekt Lenina, wie die sechsspurige Hauptstraße heißt, durch einige Pfützen führt – endlich angekommen am „Dvorez Sporta“ (Sportpalast), wo heute der Erste Russisch-Deutsche Weihnachtsmarkt eröffnet wird. Die Veranstaltung soll noch bis Sonntagnachmittag, also bis zum ersten Advent gehen und wird seit Tagen überall in der Stadt beworben…

Die Vorbereitungen am Stand der deutschen Kulturmittler laufen zwei Stunden vor offiziellem Festbeginn auf Hochtouren. „Wer hat das Klebeband?“ – „Wieso haben wir noch keinen Strom? Kannst Du mal nachfragen?“ Schon sind wieder ein paar Poster des Goethe-Sprachlernzentrums aufgehängt. Auch vom DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst), von der Robert Bosch Stiftung und von der ZfA (Zentralstelle für Auslandsschulwesen) gibt es Poster und Informationen. Die deutschen Kulturmittler bringen den Stand zusammen mit den russischen Kollegen auf Vordermann. „Dass es mal in dem ehemaligen Stalingrad so einen Weihnachtsmarkt geben wird, hätte ich nicht gedacht…“ hört man die Deutschen nachdenklich sich unterhalten.

Weihnachtspyramide

Weihnachtspyramide in WolgogradBereits Stunden vor der Eröffnung der „Gorod Masterow“ (Stadt der Handwerker), wo im Foyer des Sportpalastes allerlei Kleinkunsthandwerk ausgestellt wird, rütteln die Menschen an den Eingangstüren. Doch die Sicherheitsleute bleiben hart. So ist noch Zeit, sich auf dem Vorplatz umzuschauen, das Karussell neben der in solcher Größe wohl kaum erwarteten Weihnachtspyramide zu betrachten. Außer einem großen Zelt, wo ein Café mit Glühweinausschank und einige Imbissstände untergebracht sind, gibt es noch 22 kleine Büdchen. Hier finden sich deutsche Würstchen, aber auch ein Stand einer deutschen Supermarktkette und eines Autoherstellers, aber auch zahlreiche russische Aussteller sind zugegen.

Noch kurz vor der Eröffnung bleibt Zeit, sich vom Stand der Kulturmittler, der schon fertig geschmückt ist und vor Lichterketten strahlt, davon zu stehlen, um auch die anderen Stände zu betrachten. Sowohl Holzspielzeug, als auch Schmuck und echte Handarbeit (Handschuhe, Puppen, Ton) sowie selbstgehäkelte und -bestickte Decken und Tücher sind im Angebot. Im Konzertsaal wird ein letztes Mal die menschliche Flagge aus Studierenden geprobt – natürlich in weiß-rot-blau und schwarz-rot-gold – und am Stand der landwirtschaftlichen Akademie liegt der mehrere Meter lange Stollen, der mit der Hilfe eines deutschen Bäckermeisters hergestellt wurde, zum Verkosten bereit.

Der längste Stollen von Wolgograd

Stollen in WolgogradDann endlich ist es soweit: Die Gulaschkanone ist angeheizt, aus Moskau sind extra Soldaten angereist und der deutsche Botschafter in Moskau, Herr Ulrich Brandenburg, eröffnet gemeinsam mit dem Gouverneur des Gebietes, Herrn Anatolij Grigorjewitsch Bravko, den Weihnachtsmarkt. Luftballons fliegen, ein Feuerwerk wird gezündet – und alles mit „Mutter Heimat“ im Hintergrund, dem Symbol des russischen Sieges bei der Schlacht von Stalingrad. Die Fernsehkameras filmen die prominenten Gäste vor der Weihnachtspyramide und begleiten sie beim Spaziergang durch das Foyer des Sportpalastes, wo auch der Stand der deustchen Kulturmittler aufgebaut ist. Leider haben sie keine Gelegenheit, die selbstgemachten deutschen Weihnachtskekse zu probieren. Im Festsaal beginnt nun das Eröffnungskonzert.

An diesem Freitag ist der Andrang groß bei den Kulturmittlern: Besonders die Kinder interessieren sich für die deutsche Sprache, aber auch die Erwachsenen erkundigen sich nach Lernmöglichkeiten hier vor Ort und in Deutschland. Viele wollen einfach ein paar Sätze Deutsch sprechen, erinnern sich an die Schule oder sogar an das frühere Leben in Deutschland: „Meine Tochter ist in Deutschland geboren“ erzählt Aram, ein armenischer Aussteller, der eine Kunstschule in Wolgograd betreibt. Später, als ein paar deutsche Austauschstudenten spontan Weihnachtslieder singen, versammeln sich die Menschen um den Stand. Eine Rentnerin will sogar mitsingen. Die Kleinen aber wollen vor allem auch bei dem Quiz mitmachen, bei dem der eine oder die andere auch eine Kleinigkeit gewinnen kann. So, da sind sich alle einig, kann das Interesse an der deutschen Sprache weitergehen!

Dennis Strömsdörfer
DAAD-Lektor
Wolgograder Staatliche Pädagogische Universität
Institut für Fremdsprachen
Lehrstuhl für deutsche Philologie
400131 Wolgograd
Prospekt Lenina 27
Russische Föderation