30. November 2023: „Russische Literatur unter Bann?“
Lesung und Diskussion mit der Literaturübersetzerin Rosemarie Tietze
Die Veranstaltung „Russische Literatur unter Bann“ hat in einem sehr schönen Rahmen mit einem sehr interessierten Publikum stattgefunden. Frau Tietze las und erläuterte vor allem das Thema „Puschkin in Quarantäne“ (so auch der von ihr herausgegebene Titel des Bändchens): Während einer Epidemie musste er den Herbst 1830 auf seinem Landgut Boldino verbringen und war in dieser Zeit sehr produktiv. Unter anderem sind eine Vielzahl von Briefen entstanden, die auch mit der geplanten Hochzeit Puschkins und der schwierigen zukünftigen Schwiegermutter zusammenhängen. Frau Tietze konnte dazu lebhaft Anekdoten erzählen und Briefe zitieren, die Puschkins Humor zeigen und zumindest aus heutiger Sicht recht belustigend sind. Sie zeigen seine oft wechselnde Gefühlslage zwischen Begeisterung, Sehnsucht, Hoffnung, Verzweiflung und Wut.
In der Diskussion wies Frau Tietze auf die Schwierigkeit hin, hier und heute Interesse für russische Literatur zu finden. Auch in der Diskussion haben mehrere Teilnehmer von entsprechenden Erfahrungen berichtet. Mit Empörung wurde vermerkt, dass der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2022 an einen aggressiv russenfeindlichen ukrainischen Autor vergeben worden sei und dass in der Ukraine Puschkin-Denkmäler abgerissen werden. Am Ende hat Frau Tietze aus dem Kollektivroman „Die großen Brände“ (Die Andere Bibliothek) vorgelesen, eine wertvolle Wiederentdeckung, verfasst von 25 verschiedenen sowjetischen Autoren aus den 1920er Jahren.