Hilfsprojekt

 Hilfsprojekt für die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Wolgograd

Zur Entstehung des Projekts:

Die russischen NS-Zwangsarbeiter*innen sind von 1942 an nach Deutschland verschleppt worden. Viele von ihnen waren damals noch sehr jung, fast noch Kinder. Es sind Menschen, die unter zwei Diktaturen gelitten haben. Sie sind nach ihrer Rückkehr in die Sowjetunion als Kollaborateure diskriminiert, in ihrer beruflichen Entwicklung stark behindert worden, und ihre Leiden als Arbeitssklaven wurden totgeschwiegen. Ihre Rentenansprüche an den russischen Staat sind meistens sehr niedrig, so dass sie auf die Hilfe ihrer Familie oder von Fremden angewiesen sind.

In den Kreis derer, die wir betreuen, haben wir mittlerweile auch die in den Lagern geborenen Kinder aufgenommen, die ähnlich ungünstige Startchancen hatten.

Das Köln – Wolgograder Hilfsprojekt besteht seit 2002. Es geht auf einen Beschluss des Rates der Stadt Köln zurück. Dem Städtepartnerschaftsverein Köln-Wolgograd wurde die Verantwortung für die Umsetzung übertragen. Zu dieser Zeit lebten in Wolgograd noch etwa 1000 ehemalige Zwangsarbeiter*innen bzw. deren in Deutschland in Gefangenschaft geborene Nachkommen. Heute sind es noch ca. 100 Personen, von denen etwa 76 intensiver Betreuung bedürfen.

Zu den großen Problemen dieser Menschen gehören materielle Not, eine Vielzahl chronischer Krankheiten, Einsamkeit und Isolation, Altersdepression sowie der fehlende Zugang zu medizinischen Diensten. Das Hauptziel des Projekts besteht darin, dem Personenkreis in allen diesen Problembereichen hilfreich zur Seite zu stehen.

Das „Wolgograder Zentrum zur Unterstützung nichtkommerzieller Organisationen“ (NGO) übernimmt im Auftrag unseres Vereins die Organisation des Pflegedienstes in Wolgograd. Neben einer Koordinatorin und einer Mitarbeiterin für die Buchhaltung ist ein Team aus fünf Sozialarbeiterinnen hauptamtlich tätig. Sie sehen sich wöchentlich, treffen Entscheidungen und koordinieren ihre Arbeit. Jeder Fall wird individuell betrachtet und in wechselseitiger Abstimmung behandelt. Die Stadt zieht sich 100 km entlang der Wolga hin, die Fahrwege sind lang, und das Einzugsgebiet ist riesig. Jede Sozialarbeiterin hat ihren festen Bezirk.

Hier eine detaillierte Auflistung der sozialen Dienstleistungen des Wolgograder Zentrums:

– Kauf und Zustellung von Medikamenten, Hygieneartikeln;
– Kontakt mit Ärzten zur Ausstellung von Rezepten;
– Kauf und Zustellung von Lebensmitteln; Reinigung der Wohnung;
– Bezahlung kommunaler und anderer Dienste;
– Kontakt halten mit Polykliniken und Sozialämtern;
– Begleitung zu Heilungsbehandlungen; Spaziergänge; regelmäßige Besuche, auch in                         Krankenhäusern;
– psychologische Unterstützung.

Ein weiterer wichtiger Partner vor Ort im Rahmen des Hilfsprojekts ist die Vereinigung ehemaliger Zwangsarbeiter*innen, eine in den 1990er Jahren gegründete Selbsthilfeorganisation. Mehrere Frauen aus dieser Vereinigung sind in einem ehrenamtlichen Besuchsdienst tätig.

Es ist erfreulicherweise festzustellen, dass sich durch die Existenz und Arbeit des Hilfsprojekts das Ansehen der ehemaligen Zwangsarbeiter*innen in der Stadt Wolgograd und in der Öffentlichkeit allgemein im Laufe der Jahre verbessert hat. Jährlich am 11. April, dem „Internationalen Tag der Befreiung der Gefangenen aus den faschistischen KZs“, werden inzwischen die ehemaligen Zwangsarbeiter*innen von der Stadtverwaltung von Wolgograd eingeladen und geehrt. Da es immer noch Vorbehalte gibt, sieht die Vereinigung ehemaliger Zwangsarbeiter*innen ihre Aufgabe auch darin, aufklärerisch tätig zu werden. Sie geht in Schulen und Bibliotheken, informiert über das Schicksal Betroffener und gestaltet gemeinsam mit Schüler*innen Veranstaltungen.

Zu den Finanzen:

Im Zentrum der Arbeit des Vereins steht das Hilfsprojekt für ehemalige Zwangsarbeiter*innen. Nach anfänglicher Finanzierung aus Mitteln der Stadt Köln hat die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ (EVZ) ab 2007 die Förderung des Projekts in Höhe von 87% des Finanzbedarfs übernommen, den Rest hat der Verein durch sein Spendenaufkommen geleistet.

Die Stiftung hat eine Neustrukturierung vorgenommen, wodurch eine weitere Förderung des Hilfsprojekts komplizierter und viel geringer wurde. Seit November 2021 hat die Stiftung Gelder an einen Programmträger in Russland übergeben (CAF), bei dem man sich um Fördergelder bewerben und an einem Wettbewerb teilnehmen muss. Das Wolgograder Büro erhielt dort eine Förderung bis September 2023. Wegen einem neuen russischen Gesetz vom 31. Juli 2023 wurden die Gelder allerdings bereits am 31. Juli gestoppt, und die EVZ hat sich mit dem Programmträger CAF komplett aus Russland zurückgezogen.

Es ist uns 2021 gelungen, den Rat der Stadt Köln für 2 Jahre zu gewinnen, mit jeweils 15.000.-€ das Hilfsprojekt zu unterstützen, wobei unser Verein das jeweils mit 4.500.-€ ergänzt hat. Immer wieder erhielten wir Briefe der Dankbarkeit aus Wolgograd über unsere Zuwendungen.

Nach vielen Gesprächen ist es uns sogar gelungen, wieder eine Zusage für 2024 in Höhe von 15.000.-€ von der Stadt zu bekommen. Allerdings wurde uns gleichzeitig mitgeteilt, dass eine Fortführung in 2025 lediglich mit finanziellen Einbußen in Aussicht gestellt werden kann.

Nun müssen wir uns um weitere Sponsoren bzw. Stiftungen kümmern, freuen uns natürlich über Spenden.

Unsere Kontonr.: Köln-Wolgograd e.V., DE66 3705 0198 1931 9330 95.

Eva Aras,Vorsitzende des Städtepartnerschaftsverein Köln-Wolgograd e.V. (info@wolgograd.de)

15.08.2024

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